Sommersemester 2023, Prüfungsphase in Landau. Es ist der letzte Tag im Juli, ich sitze in meinem WG-Zimmer und bestelle mir ein Buch. Meine Ausgaben sind in diesem Monat eh schon höher, als sie sein sollten. Es gibt aber manchmal Ausgaben, bei denen man weiß, dass sie sich lohnen. So auch bei diesem Buch. Normalerweise lese ich erst zahlreiche Rezensionen, bevor ich mir ein Buch bestelle. Can’t hurt me von David Goggins bestelle ich, ohne eine einzige Rezension zu lesen. Weil mir sein Drive mehr sagt, als irgendwelche Rezensionen.
Wer ist David Goggins? Auf der Rückseite des Buchs wird Goggins folgendermaßen beschrieben:
David Goggins is a retired Navy SEAL and has competed in more than sixty ultra-marathons, triathlons, and ultra-triathlons, setting new course records and regularly placing in the top five. A former Guinness World Record holder for completing 4,030 pull ups in seventeen hours. The only man in history to complete elite training as a Navy SEAL, Army Ranger, and Air Force Tactical Air Controller, he went on to set records in numerous endurance events, inspiring Outside magazine to name him, „The Fittest (Real) Man in America“
Can’t hurt me: Master Your Mind and Defy the Odds von David Goggins
Warum bedeutet mir das Buch so viel? Das Lesen des Buchs hat in mir Vieles ins Rollen gebracht. David Goggins ist jemand, der extreme sportliche Leistungen erbracht hat. Diese Begeisterung, ja fast schon Obsession, die er gegenüber sportlichen Leistungen beschreibt, hat in mir zu einer größeren Selbstakzeptanz und mehr inneren Frieden geführt. Gleichzeitig inspiriert mich das Buch, ambitioniertere Ziele zu verfolgen.
Wie hat das Buch für mich zu mehr Selbstakzeptanz geführt? Als Kind und als Jugendlicher habe ich eine große Begeisterung dafür gehabt, große Strecken aus eigener Kraft zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen.
Diese Begeisterung wurde bei mir nach und nach durch äußere Ereignisse gedämpft. Das prägendste Erlebnis hierbei fand bei einem Urlaub als Jugendlicher mit meinen Eltern in Zypern statt. Ich hatte dort die Erlaubnis, die Küste zu erkunden und sollte zu einer vereinbarten Zeit wieder zurück sein (ca. 2 h). Ich lief die Küste mit großer Begeisterung entlang. Mal gab es Kletterpassagen, mal konnte man von Fels zu Fels springen. Die Kilometer flogen an mir vorbei. Ich wusste, dass ich bald umkehren musste, um rechtzeitig zurück zu sein. Da ich aber Wege nicht gerne zweimal gehe, lief ich immer weiter, in Hoffnung auf einen bald abzweigenden Weg. Schließlich bog ein schmaler Weg vom Küstenpfad ins Landesinnere ab. Ich wusste, dass ich mich beeilen musste, um pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt zurück am Treffpunkt zu sein. Deshalb trabte ich durch die Sonnen-bestrahlte trockene Landschaft Zyperns im Dezember. Der Schweiß perlte von mir herunter. Ich verfolgte den Weg zurück zu dem Punkt, an dem ich gestartet hatte, in einiger Entfernung zur Küste. Die Strecke flog an mir vorbei, ich hatte sehr viel Spaß am Laufen. Schließlich kam der Punkt, an dem ich mit meinen Eltern verabredet war, wieder in Sichtweite. Ich raste von der Anhöhe herab zur Küste. Mit etwa 5 Minuten Verspätung erreichte ich den Punkt, an dem ich mich mit meinen Eltern treffen sollte. Von ihnen war jedoch keine Spur zu entdecken. Meine große Begeisterung für die Strecke und mein Erlebnis flaute etwas ab und ich begab mich auf die Suche nach meinen Eltern.
Ich vermutete, dass meine Eltern mir hinterhergegangen waren und lief in den Küstenpfad hinein, in den ich etwa vor zwei Stunden hinein gelaufen war. Nach etwa 30 Minuten musste ich einsehen, dass meine Eltern wohl nicht diesen Pfad genommen hatten. Ich drehte um, legte den Rückweg mit der doppelten Geschwindigkeit zurück und fand meine Eltern bei meiner Rückkehr am Küstenabschnitt, genau dort, wo ich 45 Minuten vorher auf sie gewartet hatte. Mein Vater war außer sich und sehr erzürnt.
Ich schilderte die Lage und erklärte, dass ich an diesem Punkt 45 Minuten vorher gewartet hatte. Mein Vater glaubte mir offensichtlich nicht und strafte mich mit Nichtbeachtung und Verschlossenheit für die nächsten Stunden.
Damals war es nicht klar, aber dieses Erlebnis bewirkte, dass ich meine Begeisterung dafür, weite Strecken zu Fuß zu erkunden, mit dem Gefühl der Abweisung und mangelnden Verständnisses assozierte. Es blieb das Gefühl zurück, dass mit meiner Begeisterung für diese Dinge „etwas nicht stimmte“. Schließlich hatte mein Vater genau das gesagt, und es war auch das, was er mich spüren ließ. Er vermittelte mir nicht das Gefühl, dass es zu einem Missverständnis gekommen war, sondern signalisierte mir nonverbal, dass meine Begeisterung für das Erkunden zu Fuß „Schuld“ für all den Ärger sei und dieses Interesse auch nicht normal sein.
Dabei lag das Problem ja nicht daran, dass ich gerne lange Strecken zu Fuß zurücklegte. Es hatte sich lediglich um ein Missverständnis gehandelt (meine Eltern hatten vermutlich sehr nah an dem Punkt, an dem ich auf sie gewartet hatte, gestanden und ich war knapp an ihnen vorbeigelaufen). Von außen ist das vielleicht schwer nachzuvollziehen, aber manchmal gibt es einfach Ereignisse, die einen Menschen stärker prägen als man vermuten würde. Es gab auch andere Ereignisse, die meine Sicht verstärkten, meine Begeisterung daufür, draußen lange Strecken zurückzulegen sei „nicht normal“ ¹. In Goggins‘ Buch zu lesen, dass „erwachsene“ Menschen ihre Begeisterung für so etwas kultivieren, und dabei auch noch viel Zuspruch und Begeisterung von außen erfahren, hat viel für mich verändert. Ich dachte immer ein bisschen, mit mir würde etwas „nicht stimmen“, weil ich mich für so etwas interessiere. David Goggins hat mir diese Bedenken genommen. Das mag abstrus wirken, spiegelt aber genau meine Erfahrung wider.
Weshalb inspiriert mich das Buch? Goggins hat einige unglaubliche sportliche Leistungen absolviert (z.B. Verlust von 50 kg in drei Monaten, um am SEAL-Training teilnehmen zu können; Laufen von 100 Meilen in 19 Stunden, ohne vorher signifikantes Ausdauertraining absolviert zu haben; ehemaliger Weltrekord mit 4030 Klimmzügen innerhalb von 17 Stunden; Teilnahme und an zahllosen Ultra-Wettkämpfen; Teilnahme an acht 100-Meilen-Wettkämpfen an acht aufeinander folgenden Wochenenden). Dabei hatte er einen extrem schweren Start ins Leben und schildert auch immer wieder seine Misserfolge. Seine Erfolge finde ich extrem inspirierend. Gleichzeitig spornen diese und Goggins mindset miach an, mir selbst höhere Ziele zu setzen.
Fazit:
David Goggins‘ Buch hat durch dessen Begeisterung für Langstrecken dazu beigetragen, dass ich Ausdauersport wieder für mich entdecken konnte. Can’t hurt me: Master Your Mind and Defy the Odds von David Goggins ² ist die beste Investition des Jahres für mich, weil es eine ganze Sportart für mich wieder in mein Interesse rückt. Ich möchte mir damit einhergehend ein paar sportliche Ziele setzen: Anfang Dezember möchte ich einen Halbmarathon laufen und Mitte Januar einen zweiten Halbmarathon oder sogar einen Marathon.
1) Zum Beispiel das mangelnde Verständnis der Mitglieder meines ehemaligen Rudervereins für meine Begeisterung, ein bis zweimal wöchentlich, 30 km (300 HM) mit dem Fahrrad in allen Jahreszeiten zum Verein zu pendeln.
2) „Can’t hurt me“ gibt es in zwei Versionen. Einmal die Standardversion, in der Goggins viel flucht. Außerdem gibt es noch die Clean-Edition, in der Flüche und Schimpfwörter größtenteils herausgenommen wurden. Ich habe zufälligerweise die Clean-Edition gelesen. Beim Nachfolgebuch „Never finished“ habe ich aber auch gemerkt, dass die Flüche und Schimpfwörter Goggins‘ im Schreibstil der normalen Versionen meinen Lesefluss merklich unterbrechen (weshalb ich das E-Book retourniert, und mir stattdessen die Clean-Edition geholt habe).
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